Samstag, 23. April 2016

Ah matter of time

... Ein No Age - Statement

Als bekennender Ungeduldsmensch hat sich mein Herz Schottland nicht umsonst als Seelenheimat erwählt. Ich strebe stets nach Entwicklungschancen, sowohl privat als auch beruflich. So sehe ich als Anfangdreißiger meine große Aufgabe in dem Finden der inneren Ruhe und Gelassenheit, die so viel weisere und gut gereifte Persönlichkeiten auszeichnet. Whisky und seine kulturelle Heimat sind für mich ein wundervolles Beispiel dessen, was ich zu lernen anstrebe. Nämlich der unumgänglichen Wahrheit, dass manche Dinge einfach Zeit brauchen. Oft habe ich das Thema mit den sog. "NAS-Whiskys" (No-Age-Statement, ohne Altersangabe) in Artikeln angeschnitten und auf ein anderes Mal verwiesen. Nun ist es an der Zeit, sich diesem schwierigen Thema zu nähern. Ein paar Gedanken von mir zur Debatte um die Whisky-Riege, die sich über ihr Alter ausschweigt. 

Noch vor einigen Jahren fuhr Chivas Brothers (aka Pernod Ricard) eine Campagne namens "Age matters". Hier wurden die Kunden aufgefordert Wert auf die Altersangabe eines Whiskys zu legen. „Look for the number, a garantee of age... a garantee of quality“.
Das jüngste Paradigma, das einem von der Whiskyindustrie vorgebetet wird, lautet eher „wood matters“. Wiederum eine Campagne von Gordon & MacPhail, einem der renommiertesten unabhängigen Abfüller Schottlands lautet passend hierzu "the wood makes the whisky". Sicher nicht ohne ein Augenzwinkern in Richtung Chivas Brothers, die wohl mit ihrer Werbestrategie ihren Blended Scotch „Chivas Regal 12“ gegenüber Single Malts ohne Altersangabe aufwerten wollen und hierbei geflissentlich die Tatsache übergehen, dass ihr Blended Scotch einen großen Anteil Grain Whisky enthält. Sicherlich versteht Gordon & MacPhail ihre Campagne nicht als NAS-Whisky Werbung, aber sie legen zumindest den thematischen Schwerpunkt auf das Fass und nicht auf das Alter allein. 
Wer hat nun eher recht? Was macht einen guten Whisky aus? Ist das Fass entscheidender oder das Alter? Sicherlich, eine bewusst plakative Frage, da das Eine nicht ohne das Andere geht. Und wie so oft im Leben liegt die Wahrheit, aus meiner bescheidenen Sicht, irgendwo dazwischen.

Was ist eigentlich ein Whisky mit Altersangabe? Der 12jährige Glenfiddich Single Malt Scotch Whisky ist ein Malt Whisky (100% aus gemälzter Gerste produziert) aus Schottland (Scotch) der eine Vielzahl an Fässern enthält, die mindestens 12 Jahre gereift sind. Die Altersangabe bezieht sich immer auf das jüngste Fass in einer Abfüllung. Standardabfüllungen bestehen aus mehreren verheirateten Fässern, bleiben aber ein Single Malt, solange sie aus einer Brennerei stammen. Es kann also durchaus sein, dass ein Malt mit Altersangabe ältere Fässer in sich trägt als auf dem Etikett angegeben. Je länger das frische Destillat (zu englisch „Newmake“) im Fass reift, desto mehr nimmt es vom Fasscharakter auf. Ob dies zu einem befriedigenden Ergebnis führt, hängt von Art der Reifung und den entstehenden Aromen ab. Viele Genießer kennen sicher den Begriff „Aroma Marke Schrankwand“. Nicht grade ein schmeichelhafter Begriff, der die Problematik von zu viel „Holzeinfluss“ persifliert. Das Alter für sich allein betrachtet bzw. ein zu starker Fasseinfluss sind nicht zwingend Qualitätsmerkmale. Für mich persönlich besteht ein guter Whisky aus einer schönen Balance zwischen Brennerei- und Fasscharakter. Viele Whiskys schaffen dies für mich bei ca. 15 Jahren. Ich konnte bislang nur wenige alte Whiskys über 25 Jahre probieren, muss aber sagen, dass mich hiervor kaum einer wirklich überzeugen konnte, insbesondere wenn der Geldbeutel mitfühlt, denn ein alter Whisky ist zwar nicht zwingend ein leckerer, ganz sicher aber ein teurer. Das mag sich über die Jahre noch ändern, entspricht aber derzeit meinem Empfinden.

"To Sammy: Just in case you develop
a taste for malt... Some of this is for you.
Love always. Dad"
Also, nein, das Alter alleine macht noch lange keinen guten Whisky aus und somit reicht ein Blick auf die Jahreszahl auf der Flasche nicht aus, um subjektiv betrachtet zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Whisky unterscheiden zu können. Sorry Chivas, meine Meinung.
„Put good spirit in a bad cask... and you will get a bad whisky, put bad spirit in a good cask and you will get a decent whisky“. Der Urheber dieser Worte ist mir nicht bekannt, aber sein Echo ist immer wieder in den Brennereien zu hören. Insbesondere wenn es darum geht den Einfluss des Fasses auf das Endprodukt zu betonen. 70-80 % der Aromen werden angeblich vom Fass in den fertigen Malt Whisky abgegeben. Ergo bleiben ca. 20-30 % übrig für andere Einflussfaktoren auf den Brennereicharakter wie der Mälz- und Fermentationsprozess und die Brennblasen. Wer sich mit Whisky beschäftigt, dem wird schnell klar: „the wood matters“, das Holz ist verdammt wichtig, keine Frage. Doch auch das Holz hat seine Grenzen. Und das aus zweierlei Sicht. Zum einen müssen Brennereien aus rein ökonomischen Gründen Fässer wiederverwenden (die sog. „Refills“). Fässer die in Schottland erstmals verwendet werden und vorher beispielsweise Bourbon oder Sherry beherbergten, sog. „First-Fill“ Fässer, geben am schnellsten Aromen und Farbe ab, während ein zweit-, dritt- oder sogar viertbefülltes Fass logischerweise weniger „abfärbt“. Neben dem Alter wäre daher die Angabe der "Zusammensetzung" eines Whiskys im Bezug auf die wiederbefüllten Fässer ebenso interessant wie das Alter. Hierzu erhält man aber sehr selten klare Angaben. Einige wenige Abfüllungen werben damit nur Firstfills zu verwenden. Werden keine Angaben gemacht, kann man davon ausgehen, dass hier auch Refills verwendet werden.
Um die Sache etwas komplizierter zu machen reifen die Fässer auch noch alle individuell. Soll heißen zwei Firstfills gleicher Größe und gleicher Herkunft können immer noch gänzlich unterschiedlichen Whisky hervorbringen. Was bedeutet das nun für unsere Altersdebatte?

Ein Whisky in einem guten First-Fill Fass kann bereits nach wenigen Jahren „ausgereift“ sein, also einen hervorragenden Whisky produziert haben. Ein Ex-Sherry Fass von Glenglassaugh bewies meiner Zunge wieder einmal was ein Fass in nur fünf Jahren leisten kann. Aber nur weil es möglich ist, heißt es eben nicht, dass es reicht. Denn keine Brennerei kann ausschließlich solch hervorragend gereifte Fässer für eine Standardabfüllung verwenden, für die eine große Zahl Fässer nötig ist. Das bedeutet, dass zwangsläufig auch weniger gut gereifte Fässer in eine Standardabfüllung eingemischt werden und wenn diese ebenfalls nur wenige Jahre auf dem Buckel haben, dann ist das Gesamtergebnis eben im besten Fall befriedigend.

Aus meiner Sicht gibt es zwei unterschiedliche Ansätze die das Unterlassen einer Altersangabe begründen. Zum Einen der Typ NAS-Whiskys der als kostengünstiger Ersatz zu den klassischen 10-12 Jahre alten Abfüllungen auf den Markt geworfen wird. Bei manchen dieser Vertreter drängt sich mir das Bild der Schönheitschirurgie auf. Es wird gebastelt und geschnibbelt, jüngere Fässer verschnitten als üblich und oft mit Zuckerkulör nachgefärbt, um das Ergebnis zu kaschieren. Auf der anderen Seite stehen NAS-Whiskys die tendenziell eher aus „Kreativitätsgründen“ keine Altersangabe tragen. Mit Letzterem sind beispielsweise Whiskys gemeint, die aus verschiedenen Fässern mit unterschiedlichen Altersbereichen (beispielsweise 5, 10 und 20 Jahre alte Fässer) verheiratet sind und damit einen hervorragendes Cuvée einer Brennerei ergeben. Jede dieser Bereiche hat ihre Vorzüge und ein geschickter Blender weiß diese miteinander zu kombinieren, um etwas zu schaffen, was mit einer Heirat gleichaltriger Fässer nicht machbar gewesen wäre. Da nun aber bei dieser Mischung auf der Flasche per Gesetz "5 Jahre alter Single Malt" stehen müsste und dies der Qualität und Komplexität nicht gerecht würde, verzichtet die Brennerei lieber ganz auf die Angabe. Gute Beispiele hierfür sind für mich derzeit Abfüllungen wie der Ardbeg Uigeadail oder der Aberlour A’bunadh. Diese Whiskys glänzen mit Komplexität und Tiefe und obendrein ordentlich Umdrehungen, was dem Genießer kaum Anlass zum kritischen Blick auf die unterschiedlichen Anteile gibt. Keine Altersangabe? Scheiß der Hund drauf!

Andere Stimmen vernehmen wir bei der neuen 1824er Range von Macallan oder dem jüngst eingeführten „Founders Reserve“ von Glenlivet. Macallan Fans sind sich einig, dass die Brennerei in den letzten Jahren an Qualität verloren hat und die neuen Abfüllungen, allesamt NAS-Whiskys, die Reife und Komplexität der älteren Macallans vermissen lassen. Ich für meinen Teil vermag dies nur bedingt zu beurteilen, da ich wenige der alten Macallans probieren konnte (zumeist aus finanziellen Gründen). Den Sienna finde ich zwar lecker, aber eben keine „80 €+“-lecker. Das Preis-Leistungsverhältnis bei Macallan scheint den kritischen Stimmen also Recht zu geben.
Und auch Glenlivet läuft aktuell Gefahr Imageeinbußen hinnehmen zu müssen, da sie ihre 12jährige Standardabfüllung mit einem krassen Bruch durch den Founders Reserve ersetzt haben, der bislang keine guten Kritiken einfahren konnte. Ein zaghafter Übergang wäre hier möglicherweise sinnvoller gewesen. Talisker beispielsweise geht hier sensibler vor und hat den NAS-Whisky "Skye" neben dem 10er eingeführt. So kann der Kunde selbst entscheiden und dem Skye eine faire Chance geben. Im Falle von Glenlivet würde ich also dazu tendieren den „Founders Reserve“ der Kategorie „Günstige Alternative“ zuzuordnen.

Bei einigen Brennereien beobachten wir auch im Standardbereich von 12 Jahren bereits Preisanstiege. Nachvollziehbar also, dass die Brennereien versuchen preiswertere Optionen nachzuliefern. Sterben die Whiskys mit Altersangabe nun aus? Nein eher nicht, aber sie werden wohl vermutlich weiterhin teurer werden, bis ausreichend Fässer nachgereift sind und die große Zahl an neuen Brennereien mit ihren Produkten den Markt bereichert. Einer Tatsache kann man sich bei aller Verteidigung der NAS-Whiskys eben nicht entziehen: Eine Altersangabe ist und bleibt eine zusätzliche wertvolle Information über den Inhalt und dessen Reifegrad. Insbesondere wenn der Whisky mit Zuckerkulör nachgefärbt wurde, bleibt dem Käufer bei NAS-Whiskys kaum ein Anhaltspunkt übrig, der zur Beurteilung der intrinsischen Qualität hilfreich ist. Als Whisky Geek und Tastingveranstalter bin ich ein großer Freund von Information. Je weniger Information, desto schwieriger die Beurteilung und die Kaufentscheidung. 

Zusammenfassend kann ich also kein generelles Urteil über NAS-Whiskys fällen, dafür ist die Vielfalt an Abfüllungen viel zu groß. NAS-Whiskys lassen sich eben doch nicht wirklich klassifizieren und irgendwie liegt darin ja auch der Reiz. Wie immer bleibt dem Whiskyliebhaber nur der eigenen kritischen Nase zu vertrauen. Ich hoffe, dass ich meinen Weg hin zu mehr Ruhe und Gelassenheit in der Whisky Industrie finde und dass sie selbst ihren Pfad mit der Zeit nicht all zu weit verlässt. Das Gras wächst eben nicht schneller wenn man daran zieht. Und wir, die Kunden, werden langfristig die Brennereien abstrafen, die uns halbgare Ware vorsetzen. Ein Blick auf die Uhr hat mir grade gezeigt... es ist schon spät! Manche Dinge brauchen eben einfach Zeit...


Slainte!

Euer Leon 



Sonntag, 10. April 2016

Distillery Review 12: GlenDronach und meine ersten Schritte

Die Malt Mariners Distillery Reviews sind kleine Reiseberichte, die sich speziell mit Besuchen unserer geliebten Whisky-Brennereien befassen. Bitte beachtet hierbei, dass es sich um Eindrücke einer Einzelperson handelt. Die Einblicke sind subjektive Momentaufnahmen und sollten als solche verstanden werden. Viel Spaß!

Distillery Review 12: GlenDronach und meine ersten Schritte 



Moin Moin MaltHeads und MaltMaidens! Nachdem ihr bis November auf mich verzichten müsst, versuche ich, mich zumindest halbwegs regelmäßig auf dem Blog zu Wort zu melden. Das tue ich nun nach meiner ersten Arbeitswoche als Tour Guide bei GlenDronach und nutze die Gelegenheit, die Brennerei hiermit vorzustellen und ein kleines Besucher-Review zu verfassen. Ich bemühe mich dies aus meiner Rolle als Gast und Malthead zu tun, da ich die Brennerei in dieser Rolle im Oktober 2015 besuchen dürfte. Da ich nun aber bereits einige tiefere Eindrücke gesammelt habe, ist es gut möglich, dass ich die Brennerei etwas "härter rannehme" als sonst üblich. Es soll ja nicht der Eindruck entstehen ich würde meinen neutralen Grund verlassen (daher auch so früh das Review, bevor ich all zu lange vor Ort arbeite). Ihr wisst ja wie es ist, je besser man eine Person kennt, desto mehr kennt man auch ihre Macken. ;)

Starten wir mit der Erreichbarkeit der Brennerei. GlenDronach liegt in Forgue in Aberdeenshire, die nächsten Häuser außerhalb der Brennerei liegen einige Kilometer außerhalb. Eine Übernachtungsmöglichkeit in Laufweite sucht man daher vergebens. Folglich muss die Brennerei mit dem Auto besucht werden, was in meinem Fall als Solo-Urlauber bedeutet, dass der obligatorische Dram am Schluss der Führung nicht im Bauch sondern im Rucksack landet. Seit dem die Gesetze zur zulässigen Grenze des Blutalkohols in Schottland auf 0,5 Promille gesenkt wurden, sind einige Brennereien dazu übergegangen ihre Ausgabe von Alkohol schärfer zu kontrollieren. So auch GlenDronach. Hier ist für den Fahrer nur die "Drivers Tour" verfügbar, bedeutet dieser bekommt in der Brennerei keinen Alkohol ausgeschenkt. Ich persönlich finde das, insbesondere die schottischen Straßen im Blick habend,  verantwortungsvoll und richtig. Allerdings entstehen durch diese Kontroll-Politik Hürden für die Brennerei als auch für den zahlenden Gast. Damit der Fahrer nicht leer ausgeht, wird diesem ein sog. "Drivers Dram" (ein 5 cl Fläschchen) überreicht. Dieses ist mit korrekten 2 cl befüllt, was in der entsprechenden Flasche einen etwas knausrigen Eindruck machen kann. Außerdem hat der Gast bei den Touren mit mehreren Verkostungsproben nicht die Möglichkeit diese abfüllen zu lassen. Ein Problem vor dem alle schottischen Brennereien stehen. Einige sind mittlerweile dazu übergegangen sogenannte "Drivers Packs" zu verkaufen, zu meist recht hässliche Plasiktäschchen mit Plastikfläschchen, die aussehen wie Reisehygiene Artikel aus einem Ein-Euro-Laden. Ich habe diese Undinge bei einigen Brennereien aus dem Hause Pernod Ricard gesehen und halte, wie ihr sicher hören könnt, reichlich wenig davon. Insbesondere, da der Gast hier aufgefordert wird dafür zu bezahlen (echt jetzt Leute... wenn ich schon Geld auf den Tisch lege, will ich GLASFlaschen...). Aber ich schweife ab :). Die Sample Fläschchen bei GlenDronach sind schließlich, dem qualitativ hochwertigem Produkt entsprechend, aus Glas. 


Mein damaliger Tour Guide Theresa führte uns durch die Brennerei und bereits bei der obligatorischen "Health & Safety"-Einführung stieß ich auf eine kleine Enttäuschung. "No pictures inside the distillery please". Eine rigide Foto-Politik die ich von Diageo-Brennereien gewohnt bin, hatte ich bei GlenDronach ehrlich gesagt nicht erwartet. Ich habe bereits bei unterschiedlichen Brennereien (vergeblich) versucht herauszufinden, woher eine solche Firmenpolitik rührt, erhielt aber auch bei GlenDronach die selbe knappe Begründung "...company policy". GlenDronach gehört gemeinsam mit Glenglassaugh zur Mutter-Brennerei BenRiach (BenRiach Distillery Company) und genießt in Deutschland wegen ihrer Abfüllungen (zu recht) einen äußerst guten und alternativen Ruf. Dazu später mehr. Um so enttäuschender war es für mich, dass ich die Kamera im Auto lassen sollte. Mit Whisky ist es eben wie mit allen Dingen im Leben: Je höher die Erwartung/Ansprüche, desto kritischer der Blick. Fairerweise sollte an dieser Stelle aber angemerkt werden, dass die meisten Brennereien in der Speyside und den benachbarten Highlands keine Fotos mehr zulassen (Glenfarclas und Glen Garioch seien hier als Ausnahmen hervorgehoben). Die Tour selbst war sehr gut geführt, authentisch und mit reichlich schottischem Humor gewürzt. Die Maltingfloors und der Kiln (Ofen zum Trocknen der gemälzten Gerste) wurden 1996 eingemottet und dienen heute noch als Demonstrationsobjekte zur Erläuterung des Produktionsprozesses. Die Gebäude der Brennerei sind wirklich äußerst schön anzusehen und versprühen ein authentisches Flair. Der kleine friedlich wirkende "Dronac Burn", nach dem die Brennerei benannt wurde (Glen-Dronach = Tal der Brombeeren), plätschert munter durch das Brennereigelände, das vor seiner Zeit eine Mühle beherbergte. Der kleine Fluss kann jedoch auch anders, was die zahlreichen Flutschutztore an allen Gebäuden erahnen lassen. 

Die Tour endete für mich ebenfalls mit einer kleinen Enttäuschung. Keine Warehousebesichtigung. Denjenigen unter Euch, die noch nie das Vergnügen hatten eine schottische Brennerei zu besuchen, sei gesagt, dass man sich der Magie dieser Orte nur schwer entziehen kann. Mir jedenfalls läuft auch nach über 30 Brennerei-Besuchen immer noch ein angenehmer Schauer den Rücken herunter, wenn ich einen dieser Tempel des zeitlosen Friedens betrete. Das Einatmen des "Angel Shares" (Anteil der Engel), der durch das Atmen der Fässer und Verdunsten des reifenden Whiskys entsteht, ist ein unbeschreibliches Erlebnis. Lediglich die Connoiseurs Tour besucht das Warehouse. Eines der wundervollen Dunnage Warehouses liegt direkt neben dem Visitor Center, das man durch ein kleines Glasfenster bestaunen kann. Ich persönlich finde es immer sehr schade, wenn man durch Glas von den Fässern getrennt wird. Einige Brennereien haben zumindest "Käfige", also Bereiche in denen man durch Gitterstäbe die Fässer bestaunen kann. Immer noch besser in meinen Augen, da man hier zumindest nicht des Angel Shares beraubt wird. 

Nun sind wir wieder im Besucherzentrum und stehen vor der Range der Brennerei die gemeinsam mit einigen BenRiach Abfüllungen im Regal aufgereiht ist. Sprechen wir also etwas über den Whisky. Fakt ist, ich bin ein Riesenfan der GlenDronach Whiskys und habe nach einer Woche vor Ort bereits mehr Whisky gekauft, als ich Geld verdient habe ;). Aber schließlich will ich ja als verantwortungsvoller Tour-Guide meine Produkte kennen nicht wahr? GlenDronach, ebenso wie seine Geschwisterbrennereien Glenglassaugh und BenRiach fahren eine strikte "non-chillfiltered & natural color"-Politik, was ich als Whisky-Geek mehr als nur gutheiße. Hinzu kommt, dass GlenDronach bislang vorwiegend Whiskies mit Altersangabe im Angebot hat. Lediglich der neue "Peated" (ein leicht getorfter Malt) und die Cask Strength Abfüllungen sind sog. NAS Whiskys (No Age Statement, Whiskys ohne Altersangabe). Auf Grund der knappen Lagerbestände in den meisten schottischen Lagerhäusern gehen immer mehr Brennereien dazu über, ihre "Standardabfüllungen" (meist 10 oder 12 Jahre alte Whiskys) durch NAS Whiskys ersetzen, um hier jüngere Fässer einzumischen (ein vieldiskutiertes Thema in der Szene, das ich ausführlicher hier behandle). Ich erwähne dies, weil GlenDronach bei der Einführung einer jüngeren Abfüllung, dem Hielan darauf verzichtet hat, diesen als NAS Whisky auf den Markt zu bringen und ihn statt dessen ehrlicherweise mit den 8 Jahren auszuschreiben, die die jüngsten Fässer in dieser Abfüllung auf dem Buckel haben. So manch eine Brennerei hätte hier sicher einen NAS Whisky draus gemacht, aus Angst die 8 Jahre würden den Käufer verschrecken. Doch auch GlenDronach bleibt vom Whisky-Boom nicht "verschont" (nicht, dass die Brennerei darunter leiden würde, im Gegenteil ^^). Der 15jährige Revival ist nun restlos ausverkauft (der letzte Karton verließ die Brennerei letzten Mittwoch). Nachdem der Revival in Deutschland in teils lächerliche Preisetagen geklettert war, machte ich natürlich große Augen, als ich feststellte, dass dieser noch im Shop zu haben war. Der Rabatt, den Mitarbeiter, auf hauseigene Produkte bekommen, galt jedoch nicht für diese Restbestände. So zahlte ich eben den vollen Preis (jeweils 54 Pfund entspricht round about 72 Euro) für zwei Buddeln, denn diesen Whisky will man einfach für "schlechte Zeiten" im Regal stehen haben :). 


Sollte bis hier der Eindruck entstanden sein, dass ich meine Entscheidung nach Schottland zu gehen und für GlenDronach zu arbeiten, bereue so kann ich nur sagen: Weit gefehlt. 
Ich bin äußerst dankbar die Gelegenheit zu bekommen, für eine hochkarätige Brennerei wie GlenDronach zu arbeiten. Ich kann mit gutem Gewissen unsere Range an Whiskys präsentieren und empfehlen, da ich bereits vor meinem Arbeitsbeginn von deren Qualität überzeugt war. Ja es regnet seit ich angekommen bin und ja der Lebensstandard in Schottland liegt weiter unter dem deutschen... Aber wisst ihr was? Ich verdiene mein tägliches Brot damit über Whisky zu sprechen und einen verdammt guten noch dazu. Und jeder der mich einmal über Whisky hat sprechen sehen, weiß was das bedeutet. Gestern war ich zum Samstag-Nachmittag-Ausflug eine weitere Brennerei besuchen und anschließend in Tomintoul in den Highlands... Nein Freunde der Sonne. Von Enttäuschung kann keine Rede sein. Schottland drückt mir nach wie vor täglich ein Lächeln ins Gesicht und ich denke mir immer wieder "Ich liebe mein Leben". Und ein ums andere Mal merke ich als Kind eines überzivilisierten Landes... "The most perfect things in life are... well... not perfect!"

Fazit:
GlenDronach weißt strukturell einige Schwächen auf, was die Brennerei keineswegs weniger besuchenswert macht. Die Qualität der Whiskys spricht für sich und der Ort, an dem sie entstehen ist heilig. Organisatorisch hat die Brennerei Luft nach oben, das Personal im Visitor Center gibt sich aber alle Mühe dies auszugleichen. Wer die Whiskys mag, der sollte unbedingt vorbei schauen. Bis Oktober, könnt ihr auch mich dort noch besuchen ;).


Slainte! 

Euer Leon


Fakten (Stand April 2016):
Eigentümer: BenRiach Distillery Company Ltd. 
Gegründet: 1826, James Allardice 
Produktionsvolumen pro Jahr: 1,300.000 Liter
Stills: 2 Wash Stills, 2 Spirit Stills 
Adresse: Forgue, near Huntly, Aberdeenshire, Scotland
Region: Highlands 
Aussprache: Glendronach 
Erreichbar: Mit dem Auto 


Freitag, 1. April 2016

Eindrücke von unterwegs: Schöne Begegnungen



Funfact of the day:
Die Wege des Whiskys sind unergründlich. Michael, mein wundervoller AirBnb Gastgeber im Groveberry Cottage ist mit Neville Turner befreundet, dem Tierarzt der das Bild vom Blend Famous Grouse geschossen hat. Ture story. Trotz 1. April. Da musste ich natürlich ein kleines Blind Tasting springen lassen. ;)

Funfact of the day:
Whisky moves in mysterious ways. Michael my lovely airbnb host in Groveberry Cottage is friends with Neville Turner the retired vet that took the picture of one of the famous grouse lables. True story. That called for a wee whisky tasting ;)





Slainte my friends!